Update Schach-WM 2024 – Stellungstest via Schachcomputer

Ein Test mit ungefähr 50 Schachcomputern aus der Zeit von den 70zigern bis in die 90ziger Jahre hinein hat einige Erkenntnisse gebracht. Der Zug Tf2, welchen Ding Liren aus unerklärlichen Gründen gezogen hat, wird selbst von nur wenigen Computern älterer Baujahre ausgespielt. Kommt vor, ist aber doch eher selten der Fall.

Folgende Modelle führen den Zug Tf2 fast als Sofortantwort aus:

Commodore Chess Mate von 1978 (815 Elo)

Novag MK II von 1979 (815 Elo)

Boris Diplomat von 1979 (985 Elo)

Conic Computer Chess von 1980 (1070 Elo)

Mephisto II (3,5Mhz/6,1Mhz) von 1981/1982 (1330/1400 Elo)

Consumenta Chess (ein frühes Ulf Rathsman Programm) von 1982 (1540 Elo)

FDR La Regence TSB 4 (frühes Richard Lang Programm) von 1982 (1700 Elo)

Novag Super VIP (Dave Kittinger) von 1989 (1755 Elo)

Das Spektrum ist zwar beachtenswert und macht es schwierig, spontan den Grund für den Zug zu finden, der Verwunderung auslöste. Außer natürlich bei jenen Geräte aus den 70ziger Jahren, welchen die Fähigkeit einige Züge tief zu rechnen nicht unbedingt zu deren Stärke gehörte, gleichermaßen wie das Verständnis einer Position im allgemeinen.

Soweit so gut.

Viel komplizierter wird es eigentlich in der umgekehrten Situation, läge der Turmzug auf f2 bereits auf dem Brett und es wird nach dem Gegenzug von Schwarz gefragt.

Bekanntlich hat Gukesh D diesen mit dem Zug Txf2 genommen. Witzigerweise gibt es die einen Geräte, die in dieser Stellung mit dem Turm nach a2 ausweichen und dem Abtausch so passiv zustimmen. Die Läufer blieben dann jedoch noch übrig. Oder es wird mit dem Turm auf b1+ Schach gegeben, wodurch die Stellung in der Remisbreite bliebe, eigentlich in beiden Fällen.

Dann gibt es diejenigen, die den Turm wie Gukesh D mit Txf2 abtauschen würden, woraufhin der König automatisch zurückschlägt, die schwarze Fortsetzung dann aber f4 lautet, anstatt den Läufer auf d5 zu spielen, der, wie Gukesh D es tat, den Abtausch der Läufer technisch erzwingt und die Partie somit für Schwarz gewonnen ist. Das tun aber tatsächlich nur wenige der Schachcomputer, unabhängig durch welches Spielstärkespektrum ich gehe. Von den wenigen, welche die Variante von Weltmeister Gukesh D nehmen, sind fast auf jedem Level Geräte dabei, die das so spielen. Offen bleibt, warum zumindest fünf von diesen Geräten in der Lage sind dieses Problem zu lösen.

Jene Ausnahmen also, die das Problem lösen konnten:

VEB Chess Master Diamond aus dem Jahr 1984 (1400 Elo)

Chess Champion Mark V aus dem Jahr 1981 (1465 Elo)

Mephisto MM I aus dem Jahr 1984 (1525 Elo)

CXG Super Enterprise aus dem Jahr 1986 (1660 Elo)

Saitek Turbostar 432 aus dem Jahr 1985 (1770 Elo)

Saitek Risc 2500 aus dem Jahr 1992 (2240 Elo)

Tasc Chess System R30 (King 2.20) aus dem Jahr 1993 (2365 Elo)

Tasc Chess System R40 (King 2.50) aus dem Jahr 1994 (2400 Elo)

Mephisto TM London 68040 aus dem Jahr 1996 (2460 Elo)

Und jetzt jene Geräte, die den grundlegenden Zug … Txf2 zwar spielen, den Gewinn aber nach 56. Kxf2 auslassen und die Partie mit … f5-f4 fortsetzen (= Remis), statt mit dem schwarzen Läufer auf d5 zu antworten:

Chess Champion Mark VI Philidor aus dem Jahr 1982 (1385 Elo)

Mephisto Glasgow S-III aus dem Jahr 1984 (1775 Elo)

Mephisto MM II aus dem Jahr 1985 (1840 Elo)

Mephisto Berlin 68000 aus dem Jahr 1992 (2190 Elo)

Mephisto Berlin Pro London aus dem Jahr 1996 (2280 Elo)

Mephisto Genius 68030 aus dem Jahr 1993 (2340 Elo)

Mephisto TM Lyon 68030 aus dem Jahr 1990 (2295 Elo)

Mephisto TM Vancouver 68030 aus dem Jahr 1991 (2335 Elo)

Novag Super Constellation aus dem Jahr 1984 (1810 Elo)

Novag Scorpio 68000 aus dem Jahr 1991 (2040 Elo)

Novag Sapphire aus dem Jahr 1994 (2145 Elo)

Novag Star Diamond aus dem Jahr 2003 (2185 Elo)

Fidelity Elite Avantgarde V2 aus dem Jahr 1989 (2045 Elo)

Fidelity Elite Avantgarde V9 aus dem Jahr 1989 (2160 Elo)

Fidelity Elite Avantgarde V10 aus dem Jahr 1990 (2165 Elo)

Fidelity Elite Avantgarde V11 166 Mhz aus dem Jahr 2002 (2335 Elo)

Fidelity Designer Mach IV Master 2325 aus dem Jahr 1991 (2125 Elo)

Saitek Turbo King II aus dem Jahr 1988 (1885 Elo)

Saitek GK 2100 aus dem Jahr 1994 (2020 Elo)

Saitek Sparc aus dem Jahr 1993 (2200 Elo)

Das Aufsplitten in Jahrgang und Spielstärke der Schachcomputer allein ist nicht ausreichend um zu einem Ergebnis zu kommen weshalb die Lösung auf der einen Seite gefunden wird und in größerer Anzahl auf der anderen Seite nicht. Nur der Tf2 Zug lässt Eingrenzungen zu. Womit es eine relativ kleine Gruppe von zum Teil tatsächlich alten Modellen ist, die diese Fortsetzung wählt. Was somit wiederum Rückschlüsse zulässt und weitere Analysen dazu vermutlich überflüssig macht.

In der Umkehrung wird es deutlich schwieriger. Denn hier dominiert eine beträchtliche Menge an alten Protagonisten, welche es nicht schafft, die Partie mit Ld5 an der entscheidenden Stelle fortzusetzen. Diese Schnittmenge steht im Widerspruch zu einer kleineren Menge von Computern, die diesen Lösungsweg finden. Vergleicht man zusätzlich den Elo-Durchschnittswert aller Geräte auf beiden Seiten, lässt sich feststellen, dass dieser in einem wenigstens halbwegs gleichwertigen Bereich liegt. Die kleinere Schnittmenge ist mit 1920 Elo Durchschnitt zu werten. Die größere Schnittmenge basiert auf einem Elo Durchschnitt von 2078 Punkten. Strittig ist wahrscheinlich, welche der beiden Gruppen über eine höhere Aussagekraft verfügt. Die größere Einheit hat wahrscheinlich in vielen Dingen mehr Gewichtung, träfen die Geräte in einem Engineturnier zusammen. Die Wahrscheinlich des Turniersieges verbliebe wohl bei der größeren Einheit.

Aber hier ist es die kleinere Einheit, welche die Lösung des Problems nach absolut kurzer Zeit findet und konsequent weiter umsetzt. Jede Antwort auf das Warum ist eher zwiespältig, weil konkrete Datenerhebungen fehlen und der Rest zu viel Spekulation und Theorie bleibt. Subjektiv betrachtet lässt es Zweifel aufkommen an einstiger Werbung wie „erweitertes Endspielwissen“ oder vielen weiteren Anpreisungen. Folgende Grenzen können im allgemeinen schon gezogen werden, nämlich insofern, das die Mephisto Top Module der Neunziger im Endspiel, den früheren Geräten aus den Achtzigern, durchaus in den meisten Stellungstypen überlegen waren. Aber genau betrachtet ist es nicht leicht nachvollziehbar, durch welche Algorithmen das ermöglicht wurde. Weil zeitgleich auch die Hardware Fortschritte machte und sich für den erheblichen Leistungssprung mit verantwortlich zeichnete. Also bleibt vieles an Fragen offen. Diese könnten die Programmierer der jeweiligen Software know-how-technisch vermutlich am besten beantworten.

Ganz davon abgesehen, scheint es eine interessante und umfangreiche Teststellung zu sein.