Elo Performance – ein Vergleich

Zum Jahresbeginn ein Turnier der Schachmaschinen aus der Zeit von 1979-1994.

Entscheidend in der Bewertung ist die Elo-Performance, welche die Geräte im direkten Vergleich zueinander aufweisen. Das ist in der Tat ein erheblicher Unterschied zur bisherigen allgemeinen Einstufung, die in z.T. Tausenden von Partien als sogenannte Eichung erspielt wurde. Hingegen ist die Performance auf ein einmaliges Ereignis, z.B. ein einzelnes Turnier ausgerichtet. Der interessanteste Aspekt ist dabei die Dynamik die entsteht, wenn die verschiedensten Programmieransätze aufeinandertreffen und einfach ausgedrückt eine Momentaufnahme abbilden.

Den ersten Durchgang bestreiten jene Programme, die angefangen von Ende der Siebziger-Jahre bis Anfang der Achtziger den Markt dominierten und in diesem Sinne eine Auswahl von Computern sind, die Meilensteine auf dem Weg der Entwicklung waren. Deren Spielstärke jedenfalls zum Teil heute noch nicht zu unterschätzen ist. Denn immerhin, trotz ihrer geringen Rechenleistung stellenweise dazu fähig, sämtliche bekannten Mattführungen zu beherrschen. Aber auch die 90er Jahre Geräte, als die Schachcomputer zu immer ernsteren Gegnern von Vereinsspielern wurden, bestreiten hier als Zaungäste einen Vergleich am Rande.

Ich wollte nicht vordergründig den Sieger dieser Turniere präsentieren, sondern vielmehr das verhältnismäßige Abschneiden dokumentieren. Die ausgewählte Gegnerschaft sollte in etwa eine ausgeglichene Balance schaffen. Abgebildet wird das durch den Performance-Wert, welcher den Erfolg im direkten Vergleich darstellt und, wenn auch vorsichtig, eine Richtung anzeigt.

Mit dem Zweck, die Schwächen und Stärken der Programme zu sehen und durch die entstandenen +/- Schwankungen im Praxistest manches genauer einzuordnen. Auch der Performance-Wert ist und bleibt trotz allem relativ, steht er doch nur temporär im Verhältnis (während eines Turniers) und erhebt somit keinen Anspruch auf einen Allgemeinplatz.

Modus: Round Robin

Zeit: Blitz/Grundeinstellung

Software: MESS-Emulation, Arena 1.1

Anzahl der Partien: 66

Turnier der 1. Generation: Elo, Performance, Programmierer

Mephisto II 6,1 Mhz 1416 – 1379 Thomas Nitsche/Elmar Henne

2. Version – bessere Taktik

Mephisto MM I 1532 – 1573 Thomas Nitsche/Elmar Henne

Spielt interessantes Schach

Fidelity CC Sensory 8 1123 – 1208 Ron Nelson

1. Schachcomputer mit Drucksensorbrett

Mephisto I 1226 – 1078 Thomas Nitsche/Elmar Henne

Ur-Brikett

Mephisto III 1511 – 1399 Thomas Nitsche/Elmar Henne

Im Jahr 1983 – ein „neues“ Projekt

Scisys Mark VI Philidor 1424 – 1543 Mark Taylor & David Broughton

Verbessertes Erweiterungsmodul

Scisys Mark V 1470 – 1539 Mark Taylor & David Broughton

Beherrscht Springer + Läufer Mattführung

Chafitz GGM Steinitz 4 Mhz 1703 – 1458 Larry Atkin

Aggressiver Spielstil

Chafitz ARB Sargon 2.5 1364 – 1383 Dan & Kate Spracklen

1. Magnetsensorbrett in Holzausführung und Turniergröße

CXG Chess 2001 1663 – 1501 Richard Lang

Arbeitet mit Software „Cyrus“ inside

Fidelity CC Voice 1165 – 1083 Ron Nelson

1. Schachcomputer mit Sprachausgabe

Novag Constellation 1699 – 1558 Dave Kittinger

Spielt variantenreiches Schach

In diesem Feld waren in der Tendenz mehr die selektiven Computer im Vorteil. Unerwartet war auch das schlechte Abschneiden des Mephisto I, der sogar gegen Fidelity CC Sensory 8 sein Spiel verlor. Umso gegenteiliger überraschte der Mephisto MM I, der, was die Performance anbelangt, eine solide Leistung zeigte. Nur seine Schwächen im Endspiel waren häufig sichtbar und er hatte stellenweise Glück, noch ein Remis halten zu können.

Der Mark VI Philidor bewies schachlich ein für die damalige Zeit gutes Positionsverständnis. Entsprechend auch seine beeindruckende Performance im Turnier.

Das Programm von Richard Lang hat hier die Mittellinie selten überschritten. Der CXG punktet meist im Endspiel, ist aber dem Mephisto II 6,1 Mhz um nur ein Beispiel zu erwähnen gerade im Mittelspiel keineswegs überlegen.

Modus: Round Robin

Zeit: Blitz/Grundeinstellung

Software: MESS-Emulation, Arena 1.1

Anzahl der Partien: 15

Turnier der Gehobenen: Elo, Performance, Programmierer

Novag Scorpio 68000 2040 – 2097 Dave Kittinger

Novag setzt zum ersten Mal auf die 68000 CPU

Mephisto Berlin 68000 2188 – 2140 Richard Lang

Das Mephisto Spitzengerät der schwarzen Laptopreihe (1992)

Mephisto Berlin Pro 68020 2269 – 2143 Richard Lang

PC-Software „Genius2“ inside

Saitek Risc 2500 2244 – 2188 Johan de Koning

Taktisch auf hoher Turnierstärke

Fidelity Avantgarde V10 68040 2186 – 2180 Dan & Kate Spracklen

Eine Sonderanfertigung für ca. 11.000 $

Mephisto Modena 1959 – 1385 Frans Morsch

Vom Stil etwas unberechenbar

Dieses kleinformatige Turnier hatte viele spannende Momente. Erstaunlich die Leistung des Novag Scorpio 68000, der seine Partie gegen die Avantgarde V10 gewinnen konnte. Und genau Letztgenannter war der Trainingspartner von Anatoli Karpow, welchen er als Erster 1990 von Fidelity als Prototypen erhielt. Als Erweiterung seines Sekundantenteams, sozusagen.

Während die beiden Berlin´s den Scorpio schlugen gelang dem Berlin 68020 lediglich ein Remis gegen den Fidelity. Das Duell der beiden Schachcomputer Berlin 68000 gegen Berlin 68020 endete unentschieden. Entgegen der Erwartungen, hatte der Berlin 68000 in dieser Partie sogar Stellungsvorteile und einen Mehrbauern womit das Remis für den Berlin 68020 fast glücklich war. Wundert nicht, fast könnte man meinen sie spielen humanoid.

Der Modena als Underdog hatte in diesem Teilnehmerfeld weniger gute Karten und verlor alle Partien gegen seine prominente Gegnerschaft. Zu bedenken gibt sein so extrem niedrig erzielter Performancewert dennoch nicht, weil es zumindest die Erkenntnis schafft, dass ein fester Elo-Wert und die im Turnier erzielte Performance sehr weit voneinander entfernt sein können, je nach Konstellation.

Also ist es so, das die Elo sowohl stark inflationär oder eben noch stärker deflationär sein kann. Dieser Effekt tritt vor allem ein, wenn die Leistungsschere zu weit auseinander klafft und so Verzerrungen entstehen. Genau aus diesem Grund habe ich deshalb auch den Modena im nächsten Turnier wieder mitspielen lassen.

Modus: Round Robin

Zeit: Blitz/Grundeinstellung

Software: MESS-Emulation, Arena 1.1

Anzahl der Partien: 28

Turnier Mittelklasse: Elo, Performance, Programmierer

Novag Constellation 3,6 Mhz 1750 – 1698 Dave Kittinger

Die Taktung wurde erhöht

Novag Super Constellation 1808 – 1928 Dave Kittinger

Kittinger´s berühmter PSH-Algorithmus

Mephisto B&P 1796 – 1747 Ulf Rathsman

Blitzmodul, nahezu rein taktisch

Mephisto MM II 1814 – 1617 Ulf Rathsman

Eher schwierig für durchschnittliche Spieler

Mephisto MM IV 1947 – 1928 Ed Schröder

Für stärkere Spieler durchaus lohnenswert

Mephisto Modena 1959 – 1946 Frans Morsch

wie o.g.

Scisys Turbo King 1881 – 1607 Julio Kaplan & Craig Barnes

Das Phänomen

Scisys Turbostar 432 1786 – 1693 Julio Kaplan

Im Jahr 1985 einer der Besten im Endspiel

Wie zu erwarten war hat der Mephisto Modena hier wieder seine typische Leistungskurve erreicht. Seine Gegner waren hier im Schnitt etwas leichter einzuordnen, aber nicht pauschal und auch nur teilweise. Denn wie gesagt, selbst die Geräte, die nominell stärker sind zeigen gelegentlich ihre manchmal unerwarteten Gefälle.

Dagegen ging es dem Super Constellation in diesem Turnier ausgesprochen gut. Obwohl von der Einordnung drunter, griffen seine PSH-Algorithmen hier durchaus erfolgreich. Definition: „passt sicher halbwegs“, ist ein Programmierprinzip von Dave Kittinger, welches dafür bekannt war, Opferangriffe zu führen um so mit genau jenen taktischen Manövern die Partie für sich zu entscheiden. Im Jahr 1984 war dieser Schachcomputer der Star in der Szene und selbst bei besseren Vereinsspielern ein durchaus beliebter Trainingspartner.

Auch der Mephisto MM IV blieb konstant im Rennen. Dieses Schröder-Programm ist mehr bekannt für positionell solides Schach. Mehr enttäuscht hat hingegen der Mephisto MM II und der Scisys Turbo King, die sich in diesem Feld nur wenige Punkte sichern konnten.

Unter seinen Möglichkeiten, wenn auch geringer, das B&P Blitzmodul von Rathsman. Trotz harter Gegnerschaft agierte es taktisch wilder als sogar sein Nachfolger, der MM II. Der Turbo King, dem es zwar oft gelingt aus der Eröffnung gute Stellungen zu entwickeln, ist dann aber schnell wieder fähig, diese Vorteile erneut zu verspielen. Was dem King im Turnier die rote Laterne einbrachte.

Aber was nicht zwingend bedeutet, das man es im Schach gegen dieses Gerät leicht hat. Ein gewisses Niveau hat das Teil durchaus.

Modus: Round Robin

Zeit: Blitz/Grundeinstellung

Software: MESS-Emulation, Arena 1.1

Anzahl der Partien: 28

Mittelklasse vs 1. Generation: Elo, Performance, Programmierer

Mephisto Glasgow III-S 1766 – 1670 Thomas Nitsche/Elmar Henne

Das WM-Programm von 1984

Mephisto MM II 1814 – 1643 Ulf Rathsman

wie o.g.

Mephisto III 1511 – 1646 Thomas Nitsche/Elmar Henne

wie o.g.

Mephisto MM I 1532 – 1623 Thomas Nitsche/Elmar Henne

wie o.g.

Scisys Turbostar 432 1786 – 1607 Julio Kaplan

wie o.g.

Fidelity CC Sensory 9b 1601 – 1614 Dan & Kate Spracklen

Knackiges Programm für die Zeit um 1982

Scisys Mark VI Philidor 1424 – 1537 Mark Taylor & David Broughton

wie o.g.

Novag Savant II 1462 – 833 Dave Kittinger

Erweiterungsmodul zum Savant

Ohne viele Worte zum Novag Savant. Sein karges Abschneiden war sehr häufig seinem Unvermögen geschuldet, eine vernünftige Mittelspielstellung ins Endspiel fortzusetzen und dieses zu halten. Denn in ca. zwei Partien hätte er theoretisch ein Remis holen können und stand nicht immer chancenlos. Nur in der Verwertung seiner Chancen brach er stets massiv ein.

Die Favoriten, der Glasgow und der MM II gewannen zwar das Turnier, jedoch nicht so überzeugend wie zu erwarten gewesen wäre. Obgleich auch aus eigener Erfahrung der Mephisto MM II schwerer zu schlagen ist wie beispielsweise der MM I, bzw. der fast baugleiche Mephisto III, so muss ich doch immer wieder feststellen, dass genau jene Letzteren ein nicht zu unterschätzendes Schach spielen. Teils durch grundlegend vernünftigen Spielaufbau als auch hin und wieder durch erstaunlich gute Züge in den verschiedensten Mittelspielstellungen.

Gelangt man gegen den Mephisto III ins Endspiel so sind die Chancen gut, dessen Schwächen auszunutzen, während das gegen den Mephisto MM II ein eher schwieriges Unterfangen ist, da das hochgradig rechnende Brute-Force-Programm von Ulf Rathsman diese Spielphase trotz allem besser im Griff hat. Vorausgesetzt, man ist gegen den MM II vorher nicht taktisch gescheitert.

Die Problematik des Turbostar 432 ist manchmal seine Tendenz zu taktischen Aussetzern, wodurch seine besseren Endspielfähigkeiten gelegentlich nicht mehr zum Tragen kommen. Daher oft seine eher durchwachsene Performance.

Der Fidelity CC 9 hingegen im gewohnten Stil. Das Spracklen-Programm wie gleichermaßen die verbesserte Hardware mit der 6502-CPU gegenüber dem etwas älteren CC 8, machten das Teil 1982 zu einem Gerät, das durchaus taktisch schärferes Schach spielte und nicht mehr so einfach zu schlagen war. Er konnte seine Leistung bestätigen und gruppierte sich ins Mittelfeld ein.